Von wegen post pandemiam

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„Ber-lin, Ber-lin, wir fahren nach Ber-lin“, das Credo aller Fußball-Fans zum Saisonende, ebenso aller  Bundesliga-Teams und besonders der Traditionsvereine, die in der 2. und 3. Liga vor sich hindümpeln, auf dem DFB-Pokal aber schon als Sieger eingraviert sind. Die Key-Note des Pokal-Narrativs lautet: „Das ist der Titel mit den wenigsten Spielen.“ Natürlich belebt diese Vorfreude auf die Hauptstadt auch die Sprechchöre in flutbelichteten Pokalnächten, selbst die Ränge des tausendjährigen Olympiastadions oder die Waldseite in der Alten Försterei: „Ber-lin, Ber-lin, wir fahren nach Ber-lin!“

Verzeihen Sie mir die Begeisterung! Seien Sie milde und nicht quer gestimmt! Sehen auch über weitere Spekulationen hinweg: COVID-19 wäre vorbei, ein Lockdown längst Vergangenheit, die Risiken von SARS-CoV-2 gingen uns nichts mehr an. Berlin beweist das Gegenteil: viel zu voll, viel zu viel los, Schanzenbräu im Duden-Späthi bei Mehmet gleich hinter dem Platz der Luftbrücke total ausverkauft. Was alles gegen einen Ausflug in die Hauptstadt spräche. Meine Frau aber so:  „Ber-lin, Ber-lin, ich wär‘ gern in Ber-lin!“ Wir also schnurstracks rauf auf die A 9. Man muss ja auch mal raus, aus dem Leben mit der Seuche: „Ber-lin, Ber-lin, wir fahren nach Ber-lin.“

Zuallerest einen großen Bogen um epidemische Menschenaufläufe, Finger weg von touristischen Anziehungspunkten, Metropolen-Hot-Spots verboten: zu voll, zu viel los, bayerisches Bier zum Überschäumen nur zu Hause. Im öffentlichen Raum sind die Klebehelden aktiv wie eh und je: „Consume less by using longer!“, „Raucher sind charakterschwach“, „C’é qui parla, c’è qui firma“, „Niemand muss nüchtern sein“, „Wenn zua bisch, gohsch hoim“, „Impfen ist Liebe“. Flaneure, hört ihr die Signale!? Auch die selbstreferenziellen Parolen? „Kleben und kleben lassen“, „Wer höher klebt, bleibt länger dran“, „… und wenn sie nicht gestorben sind, dann kleben sie noch heute“. Hier scheint alles wieder beim Alten, frei nach dem Motto:  „ Ber-lin, Ber-lin, wir kleben in Ber-lin!“

Berlin 09.2021