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Oh wie schön ist’s auf der Kö!

Und dann stellten wir fest: Wir leben alle in einer anderen Stadt. In einer warmherzigen, eiskalten, kontaktfreudigen. arroganten, herzlichen, langweiligen, eleganten, spießigen, in einem Scheißnest, in einer Weltstadt!.
Lore Lorentz

Düsseldorf, was soll ich sagen!? Ich war kurz nach Corona dort, auf unserer „Lebenszeichen-Tour tief im Westen“. Jetzt also auch Augenverschmutzung aus dem größten Dorf Schlands. Reichlich spät? Ja! Ich bin nie richtig warm geworden mit der NRW-Landeshauptstadt, obwohl mir das Rheinländische zwischen Phlegma und Feierbiest eigentlich schon entsprechen sollte. Vielleicht nur ein Klischee!? Ich muss wohl nicht sagen, wo ich gerade herkam und mich viel mehr zu Hause fühle: „Düsseldorf an der Düssel ist eines der schönsten Rheinstädte. Das heitere Düsseldorf gefällt doppelt, wenn man von dem finsteren Cöln herkommt“ (Carl Julius Weber). Wundert mich auch wirklich sehr, dass die berühmten Dörfler alle so eingeschworen sind auf ihre paar Hütten am Rhein: Wim Wenders, Joseph Beuys, Jörg Immendorf, Claudia Schiffer, MM Westernhagen und selbst Heinrich Heine: „Die Stadt Düsseldorf ist sehr schön, und wenn man in der Ferne an sie denkt und zufällig dort geboren ist, wird einem wunderlich zumute. Ich bin dort geboren und es ist mir, als müsste ich gleich nach Hause gehen.“ Eine Stadt, noch dazu Landeshauptstadt, in der Klemme der öffentlichen Meinung, und der nächste Widerspruch folgt sozusagen auf dem Fuß: Warum hängt, wer etwas auf sich hält, am Stadtgraben herum und nicht am Rhein? Vom Ratinger Hof, der Wiege des deutschen Punk, bis zur Kö sind’s keine zehn Minuten, zu Fuß oder im Porsche, wenn man einen Parkplatz kriegt. Die Diskrepanzen in Ddorf sind schon enorm, die Fallhöhe groß, immer zwischen Champagner-Bad und toter Hose.

Das musste ja so kommen, also apropos Die Toten Hosen: Campino und die gleichnamige Band haben auf dem Südfriedhof lange schon ein Grab, wo drei Hosen bereits das Rheinland von unten betrachten. Andreas Fege ist der Vorzeigefan der Fortuna, aber erst spät mit dem hiesigen Club warm geworden, ganz anders als z.B. mit der DEG vom Eishockey. Aber einmal Fan, immer Fan, aber auch hier doppelter Düsseldorf Boden: Die toteste der Hosen hält sich noch viel lieber beim LFC an der Anfield Road auf, nicht im RheinEnergieSTADION, sondern auf der Mersey Side. Dennoch gibt Campino auch am Rheinufer immer volle Hose. Die Punkband unterstützte die Fortuna kurz vor ihrem Ableben in die dritte Liga abgerutscht erheblich, die Rede war von einer Million Mark.

„Nie im Leben würde er zu den Bayern gehen“, das öffentlich hinausgebrüllte Credo hat Popularität und Plattenabsatz in Mia-san-Mia-Country zwar kaum gedämpft. Dafür den Zorn des Obergrummlers im Grantler-Volk südlich des Weißwurscht-Äquators geweckt. Der Große Vorsitzende, der Hoeneß Ulrich, hat sich wieder einmal nicht beherrschen können und den Hosen einen nicht wieder gut zu machenden Ritterschlag verliehen, den der Abschaum aber stolz wie Bolle gemacht hat: „Die Toten Hosen? Das ist der Dreck, an dem unsere Gesellschaft mal ersticken wird.“ Gegen die Bayern ist die Fortuna 2019 sogar im Tote-Hosen-Sondertrikot angetreten: schwarzes Hemd, rote Streifen, Totenkopf auf fünfzackigem Stern auf der Brust, das Logo der Band im Kragen („Alles aus Liebe – DTH F95). Letztlich ein Schlag ins Wasser, das Spiel endete 0:4 für die Bayern, ähnlich erfolgreich wie das Flugzeug, das die Hosen am letzten Spieltag der Saison 99/00 über das Olympiastadion fliegen ließen mit dem Spruchband „Die TH gratulieren dem FC Bayern“. Auch diese Aktion ging dennoch in die BL-Geschichtsbücher ein, die Bayern gewannen ihr Heimspiel gegen Bremen, Bayer Leverkusen verschenkte die sicher geglaubte Meisterschaft durch ein 0:2 in Unterhaching. Der Deutsch-Engländer Andreas Fege war aber immer Sportsmann genug, dass er solche Tiefschläge auch gegen Intimfeinde verkraftet hat und mit höherem Ansehen in der öffentlichen Meinung als zuvor daraus hervorgegangen ist. Seinem Sportsgeist wachsen Flügel, wenn die Fans vom LFC an der Anfield Road gemeinsam „You’ll never walk alone“ anstimmen. Dann gehört er genau zu den Roten, die noch viel bekannter und berühmter sind als die von der Säbener Straße.