Vormals eine weltberühmte Stadt
Nürnberg war so schrecklich, wie ich es mir mehr oder weniger vorgestellt hatte, dass ich meinen Groll sogar auf die große Zeit der Stadt übertrug.
Samuel Beckett
Nähert man sich Nürnberg von Süden her, entgeht man kaum den Überresten des dunkelsten Kapitels der Stadt und der gesamten Weltgeschichte. Am Schauplatz der nationalsozialistischen Reichsparteitage hält man erschrocken von Gewalt und Maßlosigkeit den Atem an und wünscht sich angewidert von Lügen, Niedertracht und Wahn der durchfallbraunen Tyrannei ganz schnell nur wieder weg. Zumindest aber atmet man auf im dreieinhalbmal so kleinen Areal der mittelalterlichen Altstadt. Auch die musste nach dem Höllenfeuer des 2. Weltkriegs wieder neu aufgebaut werden. Kein Wunder, dass Nürnberg vollkommen auf eine andere, verklärte Vergangenheit versteift ist: Kaiserburg, Dürer, Bratwurschtdampf und historisierender Fachwerkkrampf!
„Nürnberg ist die schönste Stadt, die ich je gesehen habe, die allerschönste, sie ist in ihrer Ganzheit ein wahrhaftiges Kunstwerk“ (Adalbert Stifter). Nicht nur die Romantiker schwärm(t)en schwer beeindruckt vom Schatzkästchen des Mittelalters. Hatte ich’s erwähnt (s. Köpenick – Zoo/2. Nürnberg-Berlin)!? Charakteristisch für Städte mit mittelalterlicher Stadtmauer drumherum ist aber, dass der Schutzwall früher zwar die Einwohner vor der Außenwelt beschützte, doch zum Leidwesen der Stadt bis zum heutigen Tage auch davor gefangen hält. Warum ist eyepollution dann in der Noris viel stärker ausgeprägt als in der sagenhaften Landeshauptstadt des bayerischen Königreiches!? Liegt bestimmt nicht an den großartigen Festungsbauten und der gruseligen Operettenkulisse am Dutzendteich, sondern wahrscheinlich an der eingefleischten Soziokultur und ungemein ernsthafter autonomer Attitude in der Noris.