
Strafräume sauber halten
Gute Kommunikation | schlechte Kommunikation
„Klebt Euch nicht zu“, so der Slogan des Kölner Aktionsbündnisses, das 2012 eine Kampagne gegen „wildes Bekleben“ gestartet hat. Die Stadt, Rheinenergie, KVB, AWB samt FC Kölle möchten so „das falsche Verständnis von Öffentlichkeitsarbeit“ ausradieren. Der kritischen Initiative „Liebe deine Stadt“ wurde gleich noch ihr Motto geklaut: „Deine Stadt? Deine Liebe?“ Ziel: ein sauberes und attraktives Kölle, alaaf! Geworben wurde über bloß keine Aufkleber sondern sog. City-Poster: 230 Plakate im öffentlichen Raum, in Jugend-, Kunden- und Einkaufszentren, eine U-Bahn mit dem Plakatmotiv zum Rheinenergie-Stadion inklusive. Als Testimonial mittendrin: der in Köln geborene Jugendnationalspieler und damalige FC-Profi Christian Clemens. Die neue App „Sag’s uns“ soll Klebristen schneller denunzieren helfen. Ob da auch die Geißböcke gemeint waren, deren Fanshop bietet ein Dutzend Aufkleber an, bis 20 cm² groß, vier Euro das Stück, fertig zum Kleben, wohin es das FC-Herz begehrt. Im Herbst 2024 zum Beispiel überall in Santa Cruz de Tenerife.
Scheinheiligkeit bestimmt das Geschäft
Wer für „Klebt Euch nicht zu“ bezahlt und wie viel, bleibt ein Geheimnis wie der Nibelungenschatz. Stadtdirektor Guido Kahlen erhebt in der Karnevalshochburg am goldigen Rhein den Zeigefinger: „Auch in anderen Großstädten wächst sich das zu einer Form der Kommunikation aus, auf die wir dringend reagieren müssen.“ Die Saubermänner vom Rhein sind Vorbild für viele andere Städte, Münster, München, Bremen oder Berlin. Alle kommen plötzlich auf den kölschen Trichter, blasen die immer gleiche Schimpftirade in ihr Horn: dass dieses Ärgernis den Steuerzahler jedes Jahr angeblich Millionensummen koste. Schon seit 2005 werden monatlich 3.000 Sticker weggekratzt, Trupps der Jugendhilfe zupfen die „immer größer werdende Anzahl an Aufklebern im öffentlichen Straßenland“ ab. Benachteiligte Jugendliche fummeln sich am Rhein die Finger wund, in Frankfurt am Main schuften sich Langzeitarbeitslose im städtischen Eigenbetrieb (ffmtipptopp) an Verkehrsschildern ab, in Nürnberg schickt die Drogenhilfe mudra Abhängige und Substituierte auf die Straße.