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Gute Kommunikation | schlechte Kommunikation

Scheinheiligkeit bestimmt das Geschäft

„Klebt Euch nicht zu“, lautet der Slogan einer großen Kampagne, mit dem ein Aktionsbündnis in Köln samt Stadt und FC Kölle „das falsche Verständnis von Öffentlichkeitsarbeit“ ausradieren wollte. Auch noch gepusht mit dem geklauten Motto der kritischen Initiative Liebe deine Stadt: „Deine Stadt? Deine Liebe?“ Schon seit 2005 werden monatlich etwa 3.000 Sticker weggekratzt. Ziel: ein sauberes und attraktives Köllsch, alaaf! Werbung inklusive, aber bloß nicht mit Aufklebern, sondern auf den sog. City-Postern: Plakaten im öffentlichen Raum, vom Jugend- bis zum Kundenzentrum, von der U-Bahn zum Müngersdorfer, äh, ‘tschuldigung, Rheinenergie-Stadion natürlich. Als Vorbild mit dabei: der damalige FC-Profi Christian Clemens und die neue App „Sag’s uns“. Denunziation, technisch installiert, sollte vielleicht von fast einem Dutzend Aufklebern ablenken, die im FC-Fanshop angeboten sind, höchstens 20 cm² groß, für nur 4 Euro das Stück, fertig zum Aufkleben, wohin das Geißbock-Herz begehrt.

Abgekratzt und -gezupft wird die „immer größer werdende Anzahl an Aufklebern im öffentlichen Straßenland“ von Trupps der Jugendhilfe. Die Kölner Saubermäner werden gerne auch nachgemacht von der öffentlichen Hand in anderen Städten, ob Münster, München, Bremen oder Berlin. Alle kommen plötzlich auf den kölschen Trichter, blasen ins Horn der immer gleichen Schimpftirade: angeblich ein millionenschweres Ärgernis! Die Kosten für den Steuerzahler! Oh weh, Vandalen, siebenstellige Summen jedes Jahr! Wer das Aktionsbündnis bezahlt und wie viel, bleibt aber ein Geheimnis wie der Nibelungenschatz. Am Rhein jedenfalls schuften sich benachteiligte Jugendliche ganz schön an Verkehrsschildern ab, am Main fummeln sich Langzeitarbeitslose der Werkstatt Frankfurt (ffmtipptopp) in städtischem Eigenbetrieb die Finger wund, in Nürnberg schickt die Mudra Drogenabhängige und Substituierte auf die Straße. Zum Schluss noch einmal der erhobene Zeigefinger des Stadtdirektors in Köln am goldigen Rhein: „Auch in anderen Großstädten wächst sich das zu einer Form der Kommunikation aus, auf die wir dringend reagieren müssen.“