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Immer an der Wand lang

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Das bisschen Haushalt macht sich von allein, sagt – ja, Sie hören richtig – sagt meine Frau. Aber wen interessiert’s: Männerquote, Konter-Wirklichkeit, Anti-Schneewittchen-Realität, die den Denkapparat Zum Absturz bringt. Das Lied von Hans Bradtke und Henry Mayer (lyr) will sowieso keiner mehr hören, egal ob von Johanna von Koczian oder Rhabarber Schöneberger interpretiert. Es ist von vorgestern, 60er Jahre Grütze, Geschlechter-Gummizelle! Vertauscht man jedoch die Rollen, bekommt es wieder Aktualität, existiert plötzlich Gegenwart hinter dem frauenfeindlichen Liedchen und, sie wissen weshalb, auch ein bisschen farcenhafte Vergnügtheit: Wie ein Mann sich überhaupt beklagen kann, ist unbegreiflich, sagt meine Frau. Ganz genau!

Pssst, ich verrate Ihnen jetzt ein Geheimnis: Das Ding hier, eyepollution, ist gar nicht meine Erfindung. Denn das ging so: raus auf die Straße, nach Friedrichshain, und zack – in die Falle, Klappe zu, Affe tot. Nicht ich habe es gefunden, eyepollution hat mich gefunden – und zum Sklaven gemacht, ab in den Steinbruch des öffentlichen Raums. Ein bisschen wie bei meiner Frau, in unserer Küche, der Wohnung, bei Logistik und Versorgung – das widerspricht einfach den gesellschaftlichen Vorstellungen, ist aber nur pragmatisch, do-your-best, oh Mann!

Meine Frau: „Fertig!? Alles im Kasten?“ Ich ziehe die Schultern hoch. Meine Frau so: „ Dann kann’s weitergehen!?“ Ich so: „Wohin denn?“ Meine Frau so: „Ach, ich schau doch in den Laden hier rein!“ Ich so: „Dann kann ich ja noch…!“ Eine Szene wie ein Klischee – nur umgekehrt, rein gendermäßig. Meine Frau im Abflug so: „Ist für Dich doch wirklich kein Problem, mach einfach weiter, ganz bequem!“ Da stimmt der Reim halt noch, im deutschen Schlager des Jahres 1977.

Jetzt bin ich erst einmal auf Urlaub, von meinem Job, den vielen Nebenjobs, von Kochen, Abwasch, Putzen, Bügeln, Einkauf, auch ein wenig von, sorry, beinahe hätte ich gesagt: meiner Frau. Stimmt aber nicht ganz, sondern nur vom Warten auf meine Frau. 18 Monate lang haben wir jetzt die Beine stillgehalten, Rollenverständnis, Arbeitsteilung, Urlaubsstimmung, alles  wie zuvor: ich kleines Würstchen, Anti-Typ im Gender Mainstream, der Plackesel und seine Frau. Auf die Knie und so geht’s weiter: Nur meinem Schöpfer danken kann, wie gut ich’s habe, sagt meine Frau. Wow, was für eine starke Frau!

Berlin 07.2021